Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3218
Kulmbach (Landkreis Kulmbach, Oberfranken)

Petrikirche Kulmbach

Die auf einem Felsplateau zu Füßen der Kulmbacher Plassenburg gelegene und weithin sichtbare Petrikirche stammt aus der Zeit von 1559 bis 1568 mit nachträglichen Umbauten. Sie hatte an dieser Stelle zwei Vorgängerbauten, der erste ging 1430 beim Hussitensturm verloren, der zweite, 1439 begonnene Kirchenbau ging 1553 im von Markgraf Alcibiades angezettelten Bundesständischen Krieg (Markgräflerkrieg) verloren, nachdem man sie als Befestigung mit dem Turm als Kanonenplattform eingerichtet hatte und sie so zum Angriffsziel der Belagerer wurde, ausbrannte und einstürzte. Der dritte Kirchenbau, für den man an Mauern verwendete, was noch vorhanden war, wurde eine Hallenkirche im immer noch verwendeten spätgotischen Stil, sie bekam 1568 ihren Turm und war damit erst einmal abgeschlossen, später wurde 1643 noch ein Tonnengewölbe im Langhaus eingezogen. Die Petrikirche ist eine evangelische Kirche, seit 1528 durch den Pfarrer Johann Eck die Reformation in Kulmbach eingeführt wurde. Bei einem 1878-1880 erfolgten Umbau bekam die Kirche ein Kreuzgewölbe im Langhaus, deshalb wirkt die Kirche älter als sie ist, weil die Formensprache der Spätgotik bei diesem Umbau in den Vordergrund gestellt wurde und barocke Einbauten entfernt wurden. Auch die Steinemporen und die unteren Fenster wurden erst in jener Zeit eingebaut. Eine weitere Renovierung erfuhr die Kirche 1973-1976.

Von heraldischem Interesse ist hier vor allem der frühbarocke Altar, der 1650-1653 eingebaut wurde. Er ist komplett aus Holz und erreicht eine Höhe von 12 m. Die ausführenden Künstler waren Johann Brenck und Hans Georg Schlehendorn. Der Stifter war Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth (30.1.1581-30.5.1655), der das Fürstentum Bayreuth 1603-1655 regierte. Dieser war der Sohn von Johann Georg Kurfürst von Brandenburg (11.9.1525-8.1.1598) und Elisabeth Anna von Anhalt (25.9.1563-5.10.1607) und trat am 16.5.1603 nach dem Geraer Vertrag von 1598 (Ratifizierung 1599 in Magdeburg) die Regierung in Bayreuth an. Das von seinem Stiefbruder, dem kinderlosen Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg (27.1.1546-28.7.1608) initiierte Hausgesetz regelte, daß seine beiden Stiefbrüder (Christian und Joachim Ernst) nach dem Ableben des ebenfalls kinderlosen Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach (5.4.1539-1603), letzter Nachkomme der älteren Linie der fränkischen Hohenzollern und Inhaber der beiden Fürstentümer Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Kulmbach, das Erbe in dessen beiden fränkischen Fürstentümern antreten sollten, als Entschädigung für die zweite Klausel. Diese forderte nämlich ihren Verzicht auf die für sie vorgesehenen märkischen Besitzungen, die ungeteilt beim jeweiligen brandenburgischen Kurfürsten verbleiben sollte. So wurden die beiden fränkischen markgräflichen Fürstentümer zu erblichen brandenburgischen Sekundogenituren. Wer welches bekam, wurde ausgelost. Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth heiratete 1604 auf der Plassenburg Herzogin Maria von Preussen (23.1.1579-1649). Er ist in der Stadtkirche Bayreuth begraben worden. Sein Kopf wird am Altar in der Predella rechts als Stifterhinweis dargestellt.

Am Hochaltar ist das Wappen von Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth (30.1.1581-30.5.1655) angebracht; es hat eine besondere Form, die nur 1648-1654 in Gebrauch war. Die Untergrenze 1648 wird dadurch begründet, daß dieses Wappen kein Feld mehr für Rügen enthält, denn nach dem 30jährigen Krieg mußte die Hauptlinie in jenem Jahr Rügen an Schweden abgeben, entsprechend flog das Anspruchswappen Rügen auch aus dem Wappen der Markgrafen. Dafür werden Zugewinne wie Magdeburg und Halberstadt, ehemalige Bistümer, aufgenommen. Der Bischof von Halberstadt, Leopold Wilhelm Erzherzog von Österreich entsagte dem Bistum 1648, welches dann vom Kurfürsten von Brandenburg in Besitz genommen wurde. Die Obergrenze 1654 wird dadurch begründet, daß in diesem Wappen das Fürstentum Camin noch nicht vertreten ist, denn das fand erst 1654 Eingang in das Wappen, aber zunächst fehlerhaft, das wurde erst ca. 1703/1704 korrigiert. Man hatte versehentlich das Wappen von Kiew genommen, nicht von Camin. Ein solches Wappen mit diesem einen Feld mehr kann man im Schloß Weikersheim über einer Tür sehen. Die Entstehungszeit des hiesigen Wappens ist also 1648-1654. Diese heraldische Datierung paßt hervorragend zur Bauzeit des Altars 1650-1653.

Der Schild ist über gespaltenem Schildfuß zweimal gespalten und dreimal geteilt, was insgesamt 14 Felder ergibt. Der Inhalt Zeile für Zeile, von optisch links oben nach optisch rechts unten:

Diese Felder lassen sich inhaltlich in mehrere Gruppen aufteilen, die nun im Detail erklärt werden sollen (in den jeweiligen Abbildungen sind die nicht diskutierten Felder jeweils abgedunkelt). Die erste Gruppe umfaßt das Stammwappen und die ältesten Felder und führt zu den Wurzeln der Markgrafen von Brandenburg, anhand derer auf die unterschiedlichen Linien eingegangen werden soll.

Die zweite Gruppe von Feldern illustriert die Entstehung der brandenburgisch-preußischen Linie der fränkischen Hohenzollern und führt in die große Reichspolitik. Der wichtigste Schritt sowohl zum weiteren Aufstieg der Familie als auch zur weiteren Verschiebung ihres territorialen Schwerpunktes war die Belehnung von Burggraf Friedrich VI. mit der Mark Brandenburg. Das war so bedeutend, daß die Familie sogar ihren bevorzugten Namen änderte: Statt Burggrafen von Nürnberg nannten sie sich nun erstrangig Markgrafen von Brandenburg. Und das war erst der Anfang, der eingeschlagene Weg führte noch weiter nach Osten, nach Preußen, was schließlich zu dem Staat wurde, der alles andere inkorporierte.

Die dritte Gruppe von Feldern ist sehr ähnlich, denn alle enthalten Greifenwappen. Alle vier Felder stehen für Pommern in verschiedenen Aspekten. Davon ist der rote Greif in Silber das älteste pommersche Wappen, und die anderen drei sind von ihm abgeleitet und lediglich farbliche Variationen mit anderer Detailbedeutung. Bereits viel früher, nämlich 1231-1338, hatten die Markgrafen von Brandenburg die Lehenshoheit über Pommern inne. 1338 wurde Pommern zum Reichslehen gemacht, und 1348 wurde die immer noch umstrittene Reichsunmittelbarkeit Pommerns von Kaiser Karl IV. noch einmal bestätigt. Doch es blieb lange eine strittige Frage, ob Pommern nun ein Reichslehen oder ein Lehen Brandenburgs sei. Am 21.3.1465 schlug in Wiener Neustadt wieder das Pendel in die andere Richtung aus, denn Kaiser Friedrich III. (1440-1493) teilt den Prälaten, Grafen, Herren, Rittern, Städten etc. des Herzogtums Stettin die Belehnung des Kurfürsten Friedrich II. und des Markgrafen Albrechts von Brandenburg mit den nach dem Tod Herzog Ottos III. von Pommern-Stettin an das Reich heimgefallenen Herzog- und Fürstentümern Stettin, Pommern, der Kaschuben, Wenden und Rügen mit und befiehlt ihnen aus kaiserlicher Machtvollkommenheit bei Verlust ihrer Rechte und unter Androhung von des Reiches schwerer Ungnade, Kurfürst Friedrich II. und Markgraf Albrecht von Brandenburg als nunmehrigen Herren des Fürstentums Stettin Erbhuldigung zu leisten und ihnen gehorsam zu sein. Doch es kam wieder anders, eine Nebenlinie der Herzöge von Pommern übernahm. 1472/1479 (Prenzlauer Verträge) und 1493 (Vertrag von Pyritz) und noch einmal durch eine Erbverbrüderung 1529 (Vertrag von Grimnitz) erlangte Brandenburg wieder einen Anspruch auf Pommern, der 1530 von Kaiser Karl V. auf dem Reichstag zu Augsburg bestätigt wurde, wo es zu einer formellen Belehnung der Pommernherzöge Barnim IX. und Georg I. mit Pommern kam. Die Rechtslage war so verworren, daß zeitweise sogar sowohl die Markgrafen als auch die Greifenherzöge mit Pommern gleichzeitig belehnt worden waren, was für langjährigen politischen Zündstoff sorgte. Dieser Anspruch der Brandenburger auf Pommern konnte schließlich 1637 mit dem Aussterben der pommerschen Herzöge eingelöst werden, mehr oder weniger, gemessen an den Verwicklungen des 30jährigen Krieges. Gemäß den Bestimmungen des Grimnitzer Vertrages fiel das Herzogtum an Georg Wilhelm, Markgraf von Brandenburg. Doch bereits 7 Jahre vor seinem Tod hatte Herzog Bogislaw XIV. im Vertrag von Stettin den Schweden die Regierungsgewalt in Pommern nach seinem Ableben versprochen, so daß die Schweden Pommern nicht hergaben. In das markgräfliche Wappen hielt anläßlich der Belehnung mit den Herzogtümern Pommern und Stettin im Jahre 1465 erst einmal nur der rote Greif in Silber Einzug, so daß es vier Felder hatte: Brandenburg, Burggrafentum, Zollern, Pommern, mit einem Herzschild für die Reichserzkämmererwürde. Später kam noch der Stettiner Greif hinzu, und noch später die beiden anderen Greifen. Auch über die Berechtigung zur Führung des pommerschen Greifen gab es Streit, der z. B. im Grimnitzer Vertrag 1529 so gelöst wurde, daß die Brandenburger Markgrafen auch weiterhin die pommerschen Wappen und Herzogstitel führen durften, außer in Anwesenheit der Greifenherzöge. Nach dem Ende des 30jährigen Krieges kam Vorpommern mit Stettin und Rügen an Schweden (Schwedisch-Pommern), und die Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg mußten sich mit Hinterpommern begnügen (Brandenburgisch-Pommern, ab 1701 Preußisch-Pommern). Um die fehlenden Gebiete wurde im Nordischen Krieg gekämpft, 1679 blieb nur ein Streifen an der Oder, 1721 bekam man mehr, und erst 1815 wurde Pommern wiedervereinigt, nun eine preußische Provinz.

Die vierte Gruppe von Feldern ist dem Thema Schlesien und Böhmen/Mähren zuzuordnen. Beide Territorien kamen Ende des 15. Jh. bzw. Anfang des 16. Jh. an die Markgrafen von Brandenburg, und beide waren nicht unumstritten.

Die nächste Gruppe umfaßt die territorialen Zugewinne nach dem Westfälischen Frieden 1648, insbesondere die vier säkularisierten Bistümer bzw. vielmehr die in Fürstentümer umgewandelten Hochstifte Magdeburg, Minden, Cammin und Halberstadt, die anläßlich der friedensbedingten Neuordnung hinzukamen, Bistümer, die der protestantischen Lehre sehr aufgeschlossen waren und teilweise protestantische Administratoren bzw. Bischöfe hatten.

Zu diesem Wappen werden insgesamt 7 Helme geführt, die hier - auch dahingehend ist diese Darstellung etwas Besonderes - alle auf dem oberen Schildrand aufgereiht sind:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.106125,11.4618018,20z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@50.106125,11.4618018,81m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Webseite der Petrikirche:
https://petrikirche-kulmbach.de/ - Pfarramt https://petrikirche-kulmbach.de/pfarramt/ - Geschichte: https://petrikirche-kulmbach.de/geschichte-petrikirche/
Petrikirche auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Petrikirche_(Kulmbach)
Petrikirche:
https://www.hohenzollern-orte.de/poi/kirche_st_petri-22942/
Geschichte der Petrikirche:
http://www.landschaftsmuseum.de/Seiten/Info/Geschichte_Petrikirche.htm
Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth:
https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_(Brandenburg-Bayreuth)
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Eugen Schöler, Fränkische Wappen erzählen Geschichte und Geschichten. Verlag Degener 1992, ISBN 3-7686-7012-0, S. 18-22
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Herzogtum Magdeburg
http://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Magdeburg
Minden, Hochstift und Fürstentum
http://de.wikipedia.org/wiki/Fürstentum_Minden - http://de.wikipedia.org/wiki/Hochstift_Minden
Bistum und Fürstentum Halberstadt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bistum_Halberstadt
Die Grafen von Zollern:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hohenzollern#Die_Grafen_von_Zollern - http://de.wikipedia.org/wiki/Schwäbische_Hohenzollern - Stammliste: http://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste_der_Hohenzollern
Herzogtum Jägerndorf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Jägerndorf
Burggrafschaft Nürnberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Burggrafschaft_Nürnberg - http://de.wikipedia.org/wiki/Burggraf - http://de.wikipedia.org/wiki/Raabs_(Adelsgeschlecht)
Mark Brandenburg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mark_Brandenburg
Lutz Partenheimer: Die Entstehung der Mark Brandenburg, Verlag Böhlau, Köln, 1. Auflage 2007, ISBN-10: 3412171069, ISBN-13: 978-3412171063
Herzogtum Preußen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Preußen
Vereinigung Brandenburg und Preußen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Brandenburg-Preußen
Ingo Materna, Wolfgang Ribbe: Brandenburgische Geschichte, Akademie Verlag, Berlin, 1995, ASIN: B00K6GMM4K
Wappen Pommerns:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wappen_Pommerns
Michael North: Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns, Verlag C. H. Beck, 1. Auflage, 2008, ISBN-10: 3406577679, ISBN-13: 978-3406577673
Lauenburg und Bütow:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lande_Lauenburg_und_Bütow
Warschauer Vertrag:
http://de.wikipedia.org/wiki/Warschauer_Vertrag_(1773)
Vertrag von Bromberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Bromberg
Herzogtum Groswin:
http://de.wikipedia.org/wiki/Groswin
Georg Schmidt: Der Dreißigjährige Krieg, Verlag: C. H. Beck, 8. Auflage, 2010, ISBN-10: 3406606644, ISBN-13: 978-3406606649
[RI XIII] H. 20 n. 114, in: Regesta Imperii Online
http://www.regesta-imperii.de/regesten/13-20-0-friedrich-iii/nr/1465-03-21_3_0_13_20_0_114_114.html
Vertrag von Grimnitz:
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Grimnitz
Klaus Neitmann, Wolfgang Neugebauer, Michael Scholz: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Verlag Walter de Gruyter, Band 55, 2009, 502 Seiten,
https://books.google.de/books?id=iMMlQPjNfqkC
Hans Branig, Werner Buchholz: Geschichte Pommerns I: Vom Werden des neuzeitlichen Staates bis zum Verlust der staatlichen Selbständigkeit, 1300-1648, Verlag Böhlau, 1997, ISBN 3412071897.
Herzogtum Jägerndorf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Jägerndorf

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